Was ist systemische Therapie?

​

Die systemische Therapie ist ein wissenschaftlich anerkanntes Verfahren der Psychotherapie mit Ursprüngen in der Familientherapie der 1950er-Jahre. In ihrer heutigen Form entwickelte sie sich in den 1980er-Jahren und gehört mittlerweile zu den zentralen Ansätzen moderner psychotherapeutischer Praxis.

​

Im Gegensatz zu klassischen Therapieverfahren betrachtet die systemische Therapie psychische Symptome nicht isoliert, sondern als Ausdruck von Wechselwirkungen innerhalb sozialer Systeme – etwa in Familien, Partnerschaften oder beruflichen Beziehungen. Probleme entstehen demnach nicht allein im Individuum, sondern im Zusammenspiel mit dessen Umfeld.

​

Ziel der systemischen Therapie ist es, durch Veränderungen in Kommunikation und Interaktion das psychische Wohlbefinden zu stärken. Im Mittelpunkt steht ein gemeinsamer, sinnstiftender Dialog, der neue Perspektiven eröffnet und individuelle Ressourcen aktiviert. Die therapeutische Haltung basiert auf Konzepten wie Konstruktivismus und Kybernetik 2. Ordnung – der Therapeut versteht sich als Prozessbegleiter, nicht als Experte mit fertigen Lösungen.

​

Der systemische Ansatz in der Praxis

​

Die systemische Therapie findet in vielfältigen Anwendungsfeldern wie systemischer Beratung, Coaching, Mediation, Paartherapie sowie Kinder- und Jugendlichentherapie Einsatz.

Im Zentrum steht die Betrachtung von Wechselwirkungen innerhalb sozialer Systeme. Der Ansatz zeichnet sich durch seine hohe Anpassungsfähigkeit an die individuellen Bedürfnisse und Lebenskontexte der Klientinnen und Klienten aus.

 

Ein typisches Beispiel: Zeigt ein Jugendlicher auffälliges Verhalten, analysiert die systemische Therapie nicht nur dessen individuelles Erleben, sondern auch die Kommunikationsmuster, Rollenverteilungen und Erwartungen innerhalb der Familie. Ziel ist es, gemeinsam neue Formen der Interaktion zu entwickeln, die das Verhalten positiv beeinflussen und das Wohlbefinden aller Beteiligten stärken.

Systemische Therapeutinnen und Therapeuten nutzen dabei eine Vielzahl von Methoden, um Perspektiven zu erweitern und neue Lösungswege sichtbar zu machen. Dazu gehören unter anderem:

​

•  Kontextualität: Verhalten wird im Zusammenhang mit dem sozialen System verstanden.

•  Genogramm- und Familienbrett-Arbeit: Visualisierung von Beziehungsmustern.

• Zirkularität: Probleme als Teil eines Feedback-Zyklus innerhalb des Systems.

• Systemische Fragen: zirkuläre, hypothetische und skalierende Fragen zur Perspektivenerweiterung.

•  Reflektierendes Team: externe Sichtweisen zur Förderung neuer Einsichten.

​

Die Rolle des Therapeuten besteht darin, Veränderungsprozesse zu begleiten. Klientinnen und Klienten gelten als Expert:innen ihres eigenen Lebens und gestalten ihre Entwicklung aktiv mit.

​

​